Laufblogger Wochenende im Harz

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Es war im Laufe des Jahres 2015 als ich aus nicht mehr rekonstruierbaren Gründen auf eine exklusive Gruppe von Laufbloggern stieß, die in einem abgelegenen Winkel des Darknets ihre konspirativen Zusammenkünfte organisierten. Hätte ich nicht im Jahre 2013 bei einem Schlammlauf im Serengetipark Marek von Running Twins kennengelernt, wäre mir der Zugang zu diesem illustren Kreis wohl für ewig verwehrt geblieben. So aber hatte ich an einem Juni Wochenende 2016 die Ehre mit der Crème de la Crème der Laufblogger Szene zusammenzutreffen und natürlich vor allem zu laufen, aber dazu später mehr.

Das Basis Camp dieses unvergesslichen Wochenendes befand sich weit abgelegen von jeglicher Zivilisation in Mitten der unendlichen Weiten des Harzes, namentlich in der Kleinen Heimathütte Hohegeiß. Als ich nachher einer Freundin von diesem Ausflug erzählte stellte sich heraus, dass unser Domizil wohl unter Schulklassen nicht ganz unbekannt war, da sie Ihre Klassenfahrt mit der 4C in exakt dieser Hütte verbracht hatte.

Da die Hamburger Laufszene bei diesem Treffen stark unterrepräsentiert war und ich eine gemeinsame Anreise mit Gleichgesinnten für unabdingbar hielt, führte mich mein Weg zunächst nach Bremen, wo mich Daniel und Eddy einsammelten. Schon da stellte sich heraus, dass ich wohl nicht auf irgendwelche Freizeitjogger treffen würde, sondern auf hochambitionierte 100km Läufer. Nachdem wir einige Male zielgenau um die Heimathütte herumgefahren waren, trat eine Fee aus dem Wald und zeigte uns wie selbstverständlich den Weg zu der verwunschenen Hütte. Als Erstankömmlinge wurden wir besonders herzlichen empfangen und bewunderten lange die ausgeklügelte Architektur dieser Hütte.

Nach ein paar Stunden fing es dann aber doch langsam an in den Beinen zu kribbeln. Als wir startklar für eine gemütliche 9km Aufwärmrunde waren, verfinsterte sich der Himmel, die berüchtigten schwarzen Kumuluswolken ließen Böses erahnen, orkanartige Böen ließen die Bäume waagerecht in der Luft stehen und die Erde erzitterte unter dem Donnergrollen.

Wir gingen kurz in den Dialog: „Könnte gefährlich sein im Wald bei dem Wetter!“ „Ach, so schlimm wird´s schon nicht werden, wir können ja umkehren,“ jaja. „Noch regnet´s ja nicht, lass doch erst einmal loslaufen, dann sehen wir schon.“ – Und so ging es auf einen herrlichen Trail durch den Wald, natürlich fing es sofort an wie aus Kübeln zu schütten, aber was gibt es schöneres als bei einem warmen Sommerregen durch den Wald zu rennen.

Nach und nach trudelten dann alle 16 Laufblogger ein, so dass man sich am Abend gemütlich am Lagerfeuer beisammen fand.

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Vorbereitung am Lagerfeuer

Mir waren schon im Vorfeld Gerüchte zu Ohren gekommen, dass sich einige verwegene Laufblogger auf eine längere Tour zum Brocken machen wollen. Gemunkelt wurde sogar über den sogenannten #Brocken100 Trail. Nach drei Bier am Lagerfeuer, war ich mit Hannes in ein intensives Gespräch über die Schönheit des Langstreckenlaufens verwickelt. Nebenbei fragte ich ihn was den für morgen in Planung stand. Er hatte einen 42km Trail auf den Brocken mit über 1.000 Höhenmetern auserkoren.

Im Geiste spielte ich die Pro und Contras einer Teilnahme an diesem Laufhöhepunkt meines Läuferjahres 2016 durch. Puh, ich war eigentlich nicht wirklich gut vorbereitet, die letzten Monate reduzierten sich auf 2 Einheiten pro Woche mit 10-20km. Zudem wusste ich, dass Hannes vor nicht allzu langer Zeit eine 91km Tour absolviert hatte und Hendrik und Marek, die auch mit von der Partie sein sollten, gerade den Rennsteiglauf hinter sich hatten und für die Alpenüberquerung trainierten. Ich hatte auch keine eigene GPS Uhr, schlappmachen war also keine Option, wollte ich nicht für ewig im Harz verschollen bleiben. Ich hatte also größtmöglichen Respekt, ob ich mit diesen vollaustrainierten Topathleten mithalten können würde.

Aber da meldete sich der Teufel auf der Linken und sprach: „Willst Du´s dir wieder bequem machen und deinen Körper in der bekannten Komfortzone verweilen lassen? Stell dich der Herausforderung! Das sind die Erlebnisse, von denen Du als grummeliger alter Rauschebarte deinen Enkelkindern altklug im Schaukelstuhl berichten wirst. Wenn Du dann von den alten Zeiten schwafeln wirst, als die Welt noch nicht so kompliziert war und wir einfach rausgegangen sind, die Dinge in die Hand genommen haben und uns mit nichts als unserem eisernen Willen dem Leben gestellt haben.“

Ah dieser Teufel war ein Genie, er sprach die richtigen Synapsen an, erzeugte die heldenhaften Bilder im Kopf. Ich war überzeugt. Und hatte man sich erst einmal entschieden, dann half alles nur nicht der Zweifel. Ich war bereit und ging zur optimalen Vorbereitung zeitig um 23 Uhr zu Bett.

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Die Brocken (Tor)tour

Am nächsten Morgen war von dem Elan des Vortags zunächst nichts mehr zu spüren. Ich taumelte verschlafen aus dem Bett Richtung Frühstückstisch, an dem schon rege gefachsimpelt wurde. Drei Honigbrötchen später hatte ich zu mindestens etwas im Magen. Zur optimalen Vorbereitung hatte ich mir extra noch einen Trinkrucksack zugelegt, danke an den Hersteller für den defekten Verschluss, der sich zum Glück noch vor Laufbeginn bemerkbar machte.

Michaels Ersatzrucksack war an diesem schwül-warmen Tag sicher lebensrettend. Die Tour verlief dann getreu dem Harzer Laufblogger Motto „Im Harz kann man sich nicht verlaufen“ zunächst 3 Kilometer in die schönere Richtung. Bis der Trail gefunden war und die ersten regulären Kilometer abgespult wurden, war ich schon nassgeschwitzt. Die ersten 10 Kilometer könnte man als naturnahen Lauftrail bezeichnen, bei dem tiefes Gestrüpp und Brenneselfelder das Salz in der Suppe sind. Die Orientierung mit der GPS Uhr war auf diesen winzigen Trails im tiefsten Wald meist optimal.

Nachdem wir Elend durchquert hatten kamen auch endlich die ersten anspruchsvollen Steigungen, auf die wir uns so gefreut hatten. Der Körper fühlte sich prächtig an. Die Stimmung in der Gruppe war voller Tatendrang. Nur eine Gruppe pensionierter Schulleiter auf Ihren fahrenden Untertassen konnte jetzt noch an uns vorbeiziehen. Um uns den Tod auf zwei Rädern nicht länger antun zu müssen bogen wir schnurstracks auf die Alternativroute „Abkürzung Richtung Brocken“ ab.

Die letzten Kilometer ging es serpertinenförmig durch den dichter werdenden Nebel dem Läuferhimmel entgegen. Endlich erreichte die Luftfeuchtigkeit 100%. Körperschweiß und Kondeswasser vereinten sich zu einem harmonisch dahin tröpfelnden Wasserfall. Am Wegesrand rafften sich Herrscharen an übermütigen Touristen die Steigung herauf. Plötzlich war der Gipfel unverhofft erreicht.

Brocken

Gipfelglück

Kurze Stärkung, Wasser aufgefüllt, einen Runde durch den Nebel auf dem Gipfel rumgeirrt, Beweisfoto geschossen und weiter geht es.

Bergab soll ja leichter sein als bergauf. Auf jeden Fall kann man schneller laufen. Die nächsten Kilometer wurden dann auch in neuer Weltrekordzeit abgerissen. Ob meine alten Schuhe für die Knieschmerzen verantwortlich waren oder aber bergab laufen grundsätzlich knieschädigend ist muss im nächsten Jahr in einem Expertengremium noch eingehend untersucht werden. Nun öffnete der Himmel auch endlich seine Schleusen, die berühmten sinnflutartigen Regenfälle, ließen den Weg zu einem Sturzbach anschwellen.

Aber auch diese Phase ging schnell vorüber und schon zeigten sich wieder schüchterne Sonnenstrahlen am Himmel, die sich annahmen unsere geschundenen Körper zu trocknen. Nun kam der harte Teil, wenn der Körper langsam nicht mehr will und, wie die mit Phrasen reichhaltig bestückten Sportmoderatoren gerne in der Verlängerung betonen, „es nur noch über den Willen geht“.

Ein Glück hatte Hannes sich am Vortag schon ordentlich ausgepowert, so dass ich mich mit meiner Erschöpfung nicht ganz allein fühlte. Beim gemeinen letzten Anstieg nach Hohegeiß musste ich die drei dann doch ziehen lassen. Als der Anstieg gemeistert war, war ich auch wieder auf vertrautem Terrain, da wir nun auf der gestrigen Runde waren. Was folgte war ein begeisternder Zieleinlauf, Laola Welle, kreischende Mengen, die Ehrenrunde mit der Deutschland Fahne, Handküsschen in die Kamera, das volle Programm….

Der Ruf des Lauf Blogger Camps ging auch an Jan Fitschen nicht ungehört vorbei. Im Gepäck hatte er seine ganze Familie, sein Grundnahrungsmittel Ugali, und den zukünftigen Laufklassiker Wunderläuferland Kenia.

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Grillen, Lagerfeuer, kaltes Bier, Stockbrot, und Reden über Laufen, Laufen und nicht nur Laufen bildeten den krönenden Abschluss eines unvergesslichen Wochenendes.

Die Berichte der anderen Lauf Blogger:

 Andreas

 Carola

 Caroline

 Daniel

 Eddy

 Gerd

 Hannes

 Heimo

 Jan Fitschen

 Judith

 Martin

 Michael

 Philipp

 Thomas

Running Twins

 

 

 

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Veröffentlich am: July 7, 2016