Erfahrungsbericht Bandscheibenvorfall – Joggen so lang es läuft

Joggen mit Bandscheibenvorfall?

Bandscheibenvorfall: Joggen oder Pausieren?

Diagnose Bandscheibenvorfall – Ein Läufer berichtet über seine Erfahrungen mit Ärzten und unterschiedlichen Therapieformen. Physiotherapie, Spritzenkur oder Operation, diese Frage muss nicht nur vom Arzt sondern auch vom Sportler selbst aktiv mit beantwortet werden.

Eigene Erfahrungen mit einem Bandscheibenvorfall

Wer seit Jahren intensiv Ausdauersport betreibt, Marathons rennt und das Training als Teil des Alltags betrachtet für den sind die körperlichen Einschränkungen eines Bandscheibenvorfalls besonders schwer zu akzeptieren. Nach einer „unglücklichen Bewegung“ hat mir meine Bandscheibe vor einem halben Jahr signalisiert, dass es ihr nicht gut gehe. Sportliche Betätigung wie etwa Joggen war zunächst zwar noch möglich, aber insbesondere die abrupten Stopbewegungen beim Fußball führten zu chronischen Rückenbeschwerden, die sich beim Bücken so verschlimmerten, dass es mir nach einiger Zeit unmöglich wurde mir meine Strümpfe selbst anzuziehen. Für Ausdauersportler gehört der Schmerz zum Sport wie das gute Gefühl einen Marathon erfolgreich absolviert zu haben und ich selbst lebte zu dieser Zeit auch eher nach dem Motto „Pain is just weakness leaving the body“.

Nach einigen Monaten wurde jedoch der Gang zum Arzt unausweichlich, nachdem die Schmerzen anfingen in die Beine auszustrahlen und die Versorgung der Muskulatur derart beeinflusst war, dass schon nach einigen Metern Krämpfe in der Wadenmuskulatur ausbrachen. Ohne sportliche Betätigung fühlte ich mich gleich rapide gealtert. Das Vertrauen in die Kompetenz der Ärzteschaft war auch eher gering, nachdem einige Jahre zuvor so ein Quacksalber meinen Kreuzbandanriss mit homöopathischen Mitteln behandelt hatte. Der Orthopäde diagnostizierte dann mit aller Wahrscheinlichkeit einen Bandscheibenvorfall (Prolaps) im unteren Lendenwirbelbereich, schickte mich jedoch zur Sicherheit nochmals zum Radiologen, der mit seinen bildgebenden Verfahren das Urteil bestätigte und alsdann zur Operation rat.

Neuer Studien zeigen jedoch, dass in aller Regel die konventionelle Therapie einer Operation vorzuziehen ist und OP Patienten im Durchnitt nach einigen Jahren mehr körperliche Beschwerden haben als konventionell therapierte. Forscher vermuten, dass ein Großteil der heute durchgeführten Bandscheibenoperationen überflüssig sind d.h. das mit konventionellen Mitteln wie Physiotherapie gleiche oder bessere Heilungsergebnisse erzielt werden könnten. Bei der Empfehlung für die eine oder andere Therapieform darf man sich jedoch nicht zu sehr von dem weißen Kittel des Arztes blenden lassen, sondern muss sich auch die Ökonomisierung des Gesundheitswesens verdeutlichen. Eine periradikuläre Therapie (PRT), das am häufigsten eingesetzte schmerztherapeutische Verfahren bei einem Bandscheibenvorfall, wird von den Krankenkassen mit mehreren hundert Euro vergütet, wogegen eine Stunde Krankengymnastik mit deutlich geringeren Sätzen vergütet wird. Für eine Rückenoperation fallen bis zu 10.000 Euro an. Ich selbst habe mich auch einige Male einer PRT unterzogen, kann für mich sagen, dass diese kurzfristig die Schmerzsymptome gelindert hat, die Schmerzen aber schon nach kurzer Zeit zurückkehrten. (einen kritischen Artikel zu Spritzen findet ihr hier).

Physiotherapie, PRT, Operationen und die Faulheit des Patienten

Bandscheibenvorfälle werden oft mit Bewegungsmangel, Übergewicht, schlechter Haltung und nicht ausreichend ausgeprägter Rückenmuskulatur in Verbindung gesetzt. Das Spritzen und Operationen häufiger eingesetzt werden hat meiner Meinung nach auch mit der Faulheit und Bequemlichkeit des Menschen zu tun. In der Physiotherapie und zusätzlich unter Eigenregie, am besten täglich 15 Minuten, Rückenübungen zu machen, um dann nach einigen Monaten schmerzfrei zu sein, erscheint einfach weniger attraktiv als sich eine Spritze geben zu lassen, die verspricht ohne große eigene Anstrengung schnell und unmittelbar gesund zu machen. Als Sportler kann man sich vielleicht leichter bewusst machen, dass die Leistungsfähigkeit des eigenen Körpers durch Training und nicht durch Medikamente langfristig erhalten bleibt.

Physiotherapeutische Übungen beim Bandscheibenvorfall

Bei der physiotherapeutischen Therapie wird versucht die Muskelkraft (Rückenstrecker, tiefe Bauchmuskulatur, Zwerchfell, Beckenboden) zu stärken. Diese „kleinen Muskelpartien“ werden normalerweise beim Fitnesstraining vernachlässigt und auch Läufer, die ja um die Bedeutung einer starken Rückenmuskulatur wissen, trainieren oft nur die großen Muskeln. Außerdem wird der Rücken mit Wärmebehandlungen und Massagen verwöhnt.

Zum Abschluss hier noch einige leichte Übungen gegen Bandscheibenvorfälle mit denen ich den Weg zurück auf die Laufstrecke angegangen bin:

1. Rückenlage, Beine angewinkelt, Rücken liegt auf, unteren Rücken gegen die Matte drücken, darauf achten, dass alle Wirbelkörper aufliegen, Bauch einziehen, so dass du die Belastung in den Bauchmuskel und im unteren Rücken spürst. Wichtig: Becken stabil halten. 30-60 Sekunden halten, 4 Wiederholungen.

2. Selbe Übung wie unter 1. dazu ein Bein abheben und nach vorne strecken. 6 Wiederholungen und 4 Sätze. Wichtig: beim Anheben und Herunterlassen des Beines Körperspannung insbesondere im Becken halten.

3. Rückenlage wie in 1. und 2. dazu die Arme anheben und zur Decke durchstrecken und kurze Armbewegungen machen. Wieder besonders auf die Stabilität im Beckenbereich achten.

Da es unendlich viele Übungen gegen Bandscheibenbeschwerden gibt, solltest du die Übungen mit deinem Physiotherapeuten absprechen, die für dich am besten sind.

 

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Veröffentlich am: October 30, 2013