Christopher McDougall – „Born to run“
In dem Laufbuch „Born to run“ beschreibt Christopher McDougall seine autobiografische Reise, die ihn von der simplen Frage: „Warum schmerzt mein Fuß?“, zu den Geheimnissen der Ultralangstreckenlaufszene, den Tarahumara Indianern und schließlich zu der Erkenntnis, dass wir in Wahrheit alle zum Laufen geboren sind, führt. Dabei taucht McDougall tief in die wissenschaftlichen Debatten zur Lauftechnik, zur Evolution des Menschen zum Läufer, zum Barfußlaufen und vieler weiterer Themen rund um den Laufsport, ein.
„Born to run“ KLAPPENTEXT
Brauchen Wölfe jemals Eisbeutel? Leiden acht von zehn Wildpferden an Kniesehnenentzündung? Wohl kaum. Warum gilt unter uns Menschen jedoch derjenige als seltene Ausnahme, der sich beim Ausleben einer angeborenen Fähigkeit, dem Laufen nämlich, nicht verletzt? Gibt es nicht in den entlegenen Gegenden der Welt Menschen, für die laufen über lange Strecken so selbstverständlich ist wie atmen? Was wissen sie, was wir nicht wissen? Fragen und Widersprüche, die Christopher McDougall nicht loslassen wollten. Also macht er sich auf den Weg.
Seine Reise führte McDougall in die von Mythen erfüllten Schluchten der Copper Canyons in Mexiko, wo ein Volk lebt, das seit Jahrhunderten unter extremen Bedingungen seine Lebensweise bewahrt hat. Die Tarahumara verkörpern, vom kleinen Jungen bis zum alten Mann, den menschlichen Bewegungsdrang in seiner reinsten und faszinierendsten Form. In seiner Reportage, die jetzt schon eines der erfolgreichsten Sachbücher des Jahres in den USA darstellt, geht McDougall den Geheimnissen der Tarahumara nach. Er verbindet lebendiges Infotainment über neue evolutionsbiologische und ethnologische Erkenntnisse mit zahlreichen, inspirierenden Portraits von Menschen, die sich eines bewahrt haben: die Freude daran, laufen zu können wie ein Kind. Einfach immer weiter.
Zusammenfassung „Born to run“
„ Born to run“ ist zunächst die autobiografische Laufgeschichte des Autors und Ich-Erzählers Christopher McDougall, die ihn von der banalen Frage: Warum bin ich ständig verletzt? auf eine Entdeckungsreise zu den Geheimnissen und Weisheiten des Laufens führt. Geplagt von einer Fußverletzung, medizinisch durch therapiert, und von seinen Ärzten mit den Worten: „Sie sind einfach nicht zum Laufen gemacht“, in den unfreiwilligen Laufruhestand versetzt, sucht er nach Antworten abseits der westlichen Schulmedizin, um wieder schmerzfrei laufen zu können.
Seine Recherchen und journalistischen Tätigkeiten für Runner´s World führen ihn dabei bis in die Copper Canyons Mexicos, wo er den Eingeborenen Stamm der Tarahumara aufspürt. Um mit den äußerst scheuen Tarahumara in Kontakt zu treten, benötigt er nun die Hilfe der sagenumworbenen Gestalt des Caballo Blanco, eines US-Amerikaners, der sich nach einem bewegten Lebens und einer zwischenzeitlichen Karriere als Boxer, unter dem Namen Micah True, und später als Ultralangstreckenläufer einen Namen gemacht hatte, um sich dann für die meiste Zeit des Jahres in die Copper Canyons zurückzuziehen. Nach Jahren in der Einöde der Canyons hatte er dabei das Vertrauen der Tarahumara gewonnen.
Hier verschränkt sich die Geschichte von Christopher McDougall mit derer von Caballo Blanco, der einen Ultralangstreckenlauf, mit den Tarahumara und einigen ausgewählten amerikanischen Ultraläufern durchführen möchte und dabei auf die Hilfe McDougall´s angewiesen ist.
Die Geschichte taucht nun tief in die Ultralangstreckenszene ein, mit ausführlichen Beschreibungen der Protagonisten und Rennverläufen einer Reihe von 160 Kilometer Läufen, 24 Stunden Läufen, ob in der Wüste oder im Hochgebirge, überbietet sich die Ultralaufszene an Extremen. Zudem steigt McDougall intensiv in die wissenschaftliche Debatte zu Trainingsmethodik, Ernährung, Lauftechnik und der evolutionsbiologischen Frage, warum sich die Menschen zu Langstreckenläufern entwickelt haben, ein. Insbesondere seine Propagandierung des Barfußlaufens und die Kritik an der Sportartikelindustrie, besonders mit Bezugnahme auf die Entwicklung und Vermarktung von Laufschuhen, scheinen ihm ein Anliegen zu sein.
Der Plot, auf den die Geschichte zugeschnitten ist, ist die Begegnung einiger amerikanischer Ultraläufer – namentlich u. a. Barfuß-Ted, Jenn und Billy, Scott Jurek, Luis Escobar und einiger mehr – mit den Tarahumara um gemeinsam ein 80 Kilometer Rennen in den Canyons zu zelebrieren.
„Ein Leben in Extremen hat nichts mit Gefahr zu tun. Es war von Neugier bestimmt, von wagemutiger Neugier,“
so formuliert Billy eine der Lebensweisheiten der Ultraläufer.
„Wenn ich zu einem langen Lauf aufgebrochen bin kommt es nur noch darauf an, den Lauf auch zu beenden. Dieses eine Mal macht mein Gehirn nicht andauernd Bliepbliepbliep. Alles wird ruhiger, der pure Flow ist der einzig wahrnehmbare Vorgang. Es gibt nur mich, die Bewegung und das Vorwärtskommen. Genau das liebe ich – einfach eine Barbarin sein und durch den Wald laufen.“
Rezension „Born to run“
Christopher McDougall hat mit „Born to run“ ein beeindruckendes Buch über die Schönheit und Faszination des Laufen geschrieben. Detailliert hat er zum einen die wissenschaftliche Literatur zu allen Facetten des Laufsports recherchiert und aufbereitet, und zum anderen eine unglaubliche autobiografische Geschichte zu erzählen. Durch seine journalistische Tätigkeit fällt es McDougall leicht ausführliches Material für seine Geschichte zu recherchieren und dieses schlüssig in den Handlungsstrang einzuflechten.
Obwohl das Buch autobiografisch aus der Perspektive von McDougall geschrieben ist, ist meiner Meinung nach Caballo Blanco der wahre Held der Geschichte. Denn ihm geht es nur um das Laufen mit Gleichgesinnten. Während die anderen Protagonisten die Erlebnisse in den Copper Canyons nachträglich kommerziell vermarkten und zum eigenen Nutzen verarbeiten – McDougall schreibt einen Bestseller, Barfuß Ted verkauft Schuhe, Scott Jurek schreibt seine Autobiografie „Eat & Run“ – zieht sich Caballo Blanco ja gerade aus der kommerzialisierten Welt zurück, verzichtet auf Geld, Ruhm und Eigentum und sucht in den Copper Canyons das einfache Leben.
Gerade Caballo Blanco kommt in dem Buch „Born to run“ nicht besonders gut weg, was Noren Films dazu inspiriert hat ihn zur Hauptfigur seines Dokumentarfilms Run Free the True Story of Caballo Blanco zu machen und ihn in einem positiveren Licht erscheinen zu lassen.
Ein Kritikpunkt an „Born to run“ ist, dass man der biografischen Erzählung teilweise kaum glauben kann, dass sich einige der Anekdoten tatsächlich so zugetragen haben, oder nicht zu mindestens stark übertrieben dargestellt werden. Als Beispiel sei hier die Canyon Wanderung erwähnt, bei der Jenn und Billy scheinbar nur durch Zufall und großes Glück dem Tod von der Schippe springen, nachdem sie sich verirrt haben, zu einer Wasserquelle zurückkehren und dort exakt zu diesem Zeitpunkt auf einige andere Läufer der Gruppe stoßen. Betrachtet man die Erzähltechnik und narrative Vermittlung, so erscheint es an der einen oder anderen Stelle so, dass McDougalls Geschichte fiktionale Züge annimmt.
Im Allgemeinen neigt McDougall durch seine Übertreibungen stark dazu seine Protagonisten wie Legenden darzustellen. Daher ist es überraschend sich nach dem Lesen des Buches einmal ein Bild von den realen Personen zu machen und sich die Fotos anzuschauen, die während des Ultramarathons in den Copper Canyons von Luis Escobar geschossen wurden
Um die populärwissenschaftliche Argumentation der zusammengefassten wissenschaftlichen Studien überprüfen zu können, wäre ein Verzeichnis mit den kompletten Quellen schön gewesen. Gerade wenn durch Angabe der Zeitschrift und des Wissenschaftlers eine Seriosität der Quellen suggeriert wird, warum gibt man dann dem Leser nicht die Chance bei Interesse sich einmal die Originalquelle anzuschauen. Leider bekam ich auf eine E-Mail Anfrage zur Herausgabe des Quellenverzeichnisses keine Antwort.
Ob Studien aus 1978 heute so noch Gültigkeit haben oder ob er die Studienergebnisse richtig rezipiert, da tappt der Leser leider im Dunkeln. Gerade bei der Debatte um das Barfußlaufen merkt man, dass McDougall als Befürworter des Barfußlaufens selektiv Studien zitiert und andere Studien weglässt um argumentativ die Überlegenheit des Barfußlaufens zu untermauern.
Leider ist die deutsche Übersetzung von Werner Roller sehr mangelhaft und stümperhaft, was den Lesespaß etwas beeinträchtigt. Des öfteren verwendet der Übersetzer wortwörtliche Übersetzungen an Stellen, an denen diese nicht angebracht sind bzw. Redewendungen, die so in der deutschen Sprache nicht üblich sind.
Fazit
„Born to run“ ist ein sehr lesenswertes Laufbuch über beeindruckende Menschen und Erlebnisse, das tiefe Einblicke in die Welt des Laufens gibt. Durch die spannend und fesselnd erzählte Geschichte spricht es aber nicht nur die Laufcommunity an, sondern kann auch für Zeitgenossen, die dem monotonen dahin traben auf zwei Beinen weniger zugeneigt sind, ein großartiges Lesevergnügen sein.
Weiterführende Quellen:
Infos zu Caballo Blanco: http://www.ultracb.com/blog/
New York Times: http://www.nytimes.com/2012/05/21/sports/caballo-blancos-last-run-the-micah-true-story.html?_r=4&pagewanted=all&
Dokumentarfilmprojekt Run Free – The True Story of Caballo Blanco: https://www.kickstarter.com/projects/1628890675/run-free-the-true-story-of-caballo-blanco
Bildmaterial von: http://www.chrismcdougall.com/photo.html